Der Schauplatz, den er vorfand,machte Hauptkommissar Li stutzig. Zweifel befielen ihn, das Gefühl,dass er es mit etwas Unfassbarem zu tun hatte, verstärkte sich.
Die enge, von steilen Felsengesäumte Schlucht war mindestens 100 Meter tief. Richtete man seinenBlick nach oben, sah man nichts als eine schemenhafte, blass- graueFelsformation. Die über die Felswände verteilten, unterschiedlichbeschaffenen und scharfkantigen Gesteinsvorsprünge erinnerten an diegefletschten Zähne eines Wolfes. Nicht nur ein Auto, selbst einFallspringer würde beim Sturz von solch einer gefährlich hohenKlippe von den zackenförmigen Felsbrocken in Stücke gerissen.
Hauptkommissar Li wandte sich um undwarf erneut einen prüfenden Blick auf den Jeep, dessen Karosserieaufgrund der Hitze des Feuers bereits verzogen war. Durch den Sturzwaren die Glasscheiben zersplittert, die Türgriffe beschädigt unddie Reifen in alle Richtungen versprengt worden. Merkwürdigerweisewar der Rahmen des Wagens intakt und nicht gänzlich zerknautscht wiees bei solchen Unfällen sonst meist der Fall war. Noch seltsamerwar, dass die Leichen der Insassen des Wagens zwar durch dieVerbrennungen deformiert waren, dass man aber die Gesichtszüge nochdeutlich erkennen konnte. Es handelte sich um drei Männer und eineFrau, die alle sorglos und unbekümmert gewesen zu sein schienen.Offenbar hatten sie kurz vorher an einem Festessen teilgenommen unddanach gesättigt, leicht angeheitert und bester Dinge den Rückwegangetreten. Normalerweise standen Menschen, die mit dem Auto voneiner über 100 Meter hohen Klippe gestürzt waren, die Angst und dasEntsetzen noch ins Gesicht geschrieben.
Wenn Hauptkommissar Li nicht vorherschon wegen eines anderen Falls dienstlich in die verlasseneBergregion Lüliang in der Provinz Shanxi entsandt worden wäre,hätte er es niemals für möglich gehalten, dass sich irgendwo aufdieser Welt ein solch skurriler Verkehrsunfall ereignen könne.
Nicht der Unfall jedoch hatteHauptkommissar Li hierher geführt, sein eigentliches Interesse galtzwei der Personen, die in dem Auto gesessen hatten. Es handelte sichum zwei wichtige Mitglieder einer Gang von Kunsträubern, dieHauptkommissar Li schon zwei Mal gefasst und festgenommen hatte.Einer von ihnen – einer der Bosse – war Liu Xiaoyi, der aufunerklärliche Weise aus dem Gefängnis geflohen war und sich insweit entfernte Königreich Brunei abgesetzt hatte. Als er nun dasfast schwarze, verkohlte Gesicht dieses Gangsters betrachtete, hinterdem er bereits mehrere Jahre her war, der ihm sogar bereits mehrmalsins Netz gegangen war, dem aber immer wieder auf spektakuläre Weisedie Flucht gelungen war, seufzte
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